Donnerstag, 17. April 2014

VASCO NUNEZ DE BALBOA: WIE ES WEITERGING


DE BALBOA stand nun auf jenem Berg und betrachtete versunken das Mar del Sur. Schließlich kamen nach und nach auch seine Spießgesellen den Gipfel heraufgekeucht, im Schlepptau ein Pfäfflein namens ANDRES DE VARA, der nichts Besseres zu tun hatte, als sogleich das "Te Deum laudamus" zu intonieren. Dann wurde ein Kreuz errichtet. Wie man sieht: Die Kirche hat immer und überall ihre Finger drin und ist stets auf Seiten der Macht bzw. des Stärkeren, wie es so schön in dem grandiosen Herzog-Film "Aguirre, der Zorn Gottes" heißt, welcher mein Bild von den Konquistadoren entscheidend und für immer (nachhaltig) geprägt hat. Dann hielt DE BALBOA eine theatralische Rede, worin er ihnen-mit Gottes Hilfe natürlich-vor allem eines verspricht: Reichtum. Schließlich wedelt er mit einer Fahne herum bzw. er schwenkt sie in alle vier Windrichtungen, um symbolisch "für Spanien alle Fernen in Besitz zu nehmen, welche diese Winde umfahren". ANDRES DE VALDERRABANO, der Schreiberling der Truppe, der einen Holzkasten mit Schreibzeug durch den Urwald geschleppt hatte, protokolierte sodann das ganze Theater. Alle (los caballeros e hidalgos y hombres de bien), "die bei der Entdeckung des Südmeers, des Mar del Sur, durch den erhabenen und hochverehrten Kapitän VASCO NUNEZ DE BALBOA, Gouverneur seiner Hohheit, anwesend gewesen sind" mußten die Neuentdeckung bestätigen. Die Indios, die wie immer keiner fragte, kamen aus dem Staunen über die sonderbaren Fremden gar nicht mehr heraus. Sie waren jetzt spanische Untertanen und durften Katholiken werden.
Wir schreiben den 25. September 1513. Der letzte unbekannte Ozean ist entdeckt.
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Nach STEFAN ZWEIG: STERNSTUNDEN DER MENSCHHEIT.

Dienstag, 8. April 2014

NIETZSCHE ÜBER EHE UND PHILOSOPHEN

Dies sind für Nietzsche zwei Dinge, die sich gegenseitig ausschließen. Schließlich kann man nicht "libris et mulieribus pariter inservire". Nietzsche kommt daher zu dem Schluß:
"EIN VERHEIRATETER PHILOSOPH GEHÖRT IN DIE KOMÖDIE."
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Philosophandum est!

"ES IST NICHTS MIT DER WAHRHEIT...ES IST NICHTS MIT DER MORAL...ES IST NICHTS MIT DER RELIGION."

WILHELM WEISCHEDEL: DIE PHILOSOPHISCHE HINTERTREPPE, München 1985 (dtv): ÜBER NIETZSCHE UND NIHILISMUS.

"Was ich erzähle, ist die Geschichte der nächsten zwei Jahrhunderte. Ich beschreibe, was kommt, was nicht mehr anders kommen kann: die Heraufkunft des Nihilismus...Unsere ganze europäische Kultur bewegt sich seit langem schon mit einer Tortur der Spannung, die von Jahrzehnt zu Jahrzehnt wächst, wie auf eine Katastrophe los: unruhig, gewaltsam, überstürzt: einem Strome ähnlich, der ans Ende will..." (S. 260 f.)
(Man denke nur an den Ausbruch des ersten Weltkriegs, den Thomas Mann so treffend das "Weltfest des Todes" genannt hat.)
Sicherheit gibt es nicht mehr (gab es die jemals?). Dafür gebe es jetzt das "Nihil" (kann das Nichts überhaupt existieren?). Einzige Einsicht, die bleibt: Alles Fürwahrhalten=falsch (was ist mit dieser Ansicht?)! Die Moral=fragwürdig (Moral ist Gift!). Keiner befolge sie, ja sie sei sogar lebensfeindlich und widernatürlich, ebenso das Christentum. Religion sei ein Gemächte des Menschen, "Menschen-Werk und Wahnsinn".
(Die einen verbreiten Lügen, und die anderen möchten gerne daran glauben. So ist das eben. Mundus vult decipi. Die guten Leute brauchen ihre Lügen.)
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Der Mann macht einem echt Mut. Als Motivationstrainer äußerst geeignet.
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Trotzdem (nihilominus): Philosophandum est!