Samstag, 1. September 2012

NIETZSCHE: "WIR PHILOLOGEN"



(über die vielen falschen und wenigen richtigen Philologen oder: mit den Philologen ist es nichts und mit den Diszipulen ist es auch nicht weit her)

NIETZSCHES kleine Schrift "Wir Philologen" ist eine kritische Abrechnung mit dem Philologenstand. NIETSCHE war ursprünglich selbst PHILOLOG (sic!). Somit ist da Opusculum auch eine kritische Beschäftigung mit sich selbst.
Unter den Menschen regiert nicht so sehr die Vernunft (wie wahr!), sondern der Zufall. Das sieht man daran, daß viele in einem Beruf landen, zu dem sie nicht berufen sind. Man wählt seinen Beruf zu früh:
"Der Mensch wählt den Beruf, wo er noch nicht fähig zum Wählen ist, er kennt die verschiedenen Berufe nicht, er kennt sich selbst nicht."
Erst viel zu spät kommt die bessere Einsicht:
"die Weisheit hat auf Erden fast immer etwas Altersschwaches und Mangel an Muskelkraft an sich gehabt."
NIETZSCHE kommt zu dem vernichtenden Urteil:
"Ich meine, 99 von 100 Philologen sollten keine sein."
Und weiter:
"Was wird aus einer Wissenschaft, die von solchen 99 betrieben wird?" (Nix!)
NIETZSCHE faßt zusammen:
1.) Es bestehe ein Mißverhältnis Philologe-antiker Mensch
(Wie "Trojakämpfer" sahen meine Lateinlehrer ja nicht gerade aus! Zu dick, zu mickerig, einfach unheroisch! Kein Krieg damit zu gewinnen.)
2.) Unfähigkeit der Philologen mittels der Antike zu erziehen.
3.) Wissenschaftsfälschung, falsche Anforderungen, Verleugnung der eigentlichen Ziele.
Als Trost für die rechten Philologen:
"diese mögen alle jene Majoritäten wie ihre Hilfsarbeiter behandeln."
Erst müsse man viel erlebt haben, bevor man Philologe wird:
"Daraus folgt, daß ältere Männer sich zu Philologen eignen, wenn sie in der erlebnisreichsten Zeit ihres Lebens nicht Philologen waren."
Und in paradoxer Weise setzt er hinzu:
"Also der Philolog (sic!) selbst ist nicht das Ziel der Philologie."
Dagegen bleibe der Mensch nur bei 3 Existenzformen Individuum:
"als PHILOSOPH, als HEILIGER und KÜNSTLER"
"Man sehe nur, womit ein wissenschaftlicher Mensch sein Leben totschlägt: was hat die griechische PARTIKELLEHRE mit dem SINN DES LEBENS zu tun?-So sehen wir auch hier, wie zahllose Menschen eigentlich nur als Vorbereitung eines wirklichen Menschen leben: zum Beispiel die PHILOLOGEN ALS VORBEREITUNG DES PHILOSOPHEN..."
Und weiter in diesem Geiste:
"Die meisten Menschen sind offenbar zufällig auf der Welt: es zeigt sich keine Notwendigkeit höherer Art in ihnen...Die Art, wie sie nun leben, zeigt, daß sie selbst nichts von sich halten, sie geben sich preis, indem sie sich an Lumpereien wegwerfen..." (kein Sinn für Höheres-meine Rede!)
Ziel muß sein:
"wir müssen alles wieder FÜR UNS UND NUR FÜR UNS tun und zum Beispiel die Wissenschaft an uns messen mit der Frage: Was ist uns die Wissenschaft? Nicht aber: Was sind wir der Wissenschaft?"
"Das HEIL DEINER SELBST geht ÜBER ALLES, soll man sich sagen: und es gibt keine Institution, welche du höher zu achten hättest als deine eigene Seele."
Doch das Gegenteil ist der Fall:
"Und so wirft er sich fort, indem er sich irgendwo einordnet, streng seine Pflicht tut und seine Existenz abbüßt."
Dabei sollte es sich so verhalten:
"Es ist die Sache des freien Mannes, SEINER SELBST WEGEN und nicht in Hinsicht auf andre zu leben. Deshalb hielten die Griechen das Handwerk für unanständig."
(Der freie Mann fliehe also  jede Form "banausischer" Arbeit.)
Abzulehnen ist weiterhin die unechte Begeisterung für die Antike. (So schwärmen viele Philologen für Cäsar und seine Legionen, wären aber nach spätestens 30 Minuten Waffentraining und/oder Geländemarsch kollabiert (umgekippt), da bin ich mir ganz sicher! Diese Schätzung ist noch optimistisch.
Der Stand der Philologoi zerfällt nun in zwei Gruppen:
1.) Lehrer
2.) Lehrer der Lehrer (Professoren, d.h. diejenigen, die solche Lehrer nachzüchten)
Gruppe 1 übergibt man "ausgewählte Jünglinge", begabt, mit einem hohen Sinn (wie meine Schüler; ridere licet!), deren Eltern Zeit und Geld für diese (und nicht für triviale Dinge) aufwenden.
Sind diese 3 Bedingungen nicht erfüllt, "so steht es in der Hand der Lehrer, sie abzuweisen". (Sie haben im Tempel der Wissenschaft nichts verloren!)
Genauso sollte die zweite Gruppe "falsche Eindringlinge" beseitigen.
Schlechte Bildung hat 2 Ursachen:
1.) man hält schlechte Bildung für gute
2.) man ist zu schwach, das Bessere durchzusetzen
"Im ersten Falle würden sie sagen, sie wüßten es nicht besser, im zweiten, sie könnten es nicht besser."
ad 1: sie verstehen das Altertum nicht (!); es wird als angeblich wichtigstes Erziehungsmittel in die Gegenwart hineingestellt
ad 2: sie sind nicht die geeigneten Werkzeuge
"sie wären mit Unrecht Lehrer und lebten in einer falschen Stellung: aber wie kamen sie dann in diese hinein? Durch eine Täuschung über sich und ihre Bestimmung."
Daher müsse der Philologe 3 Dinge verstehen:
1.) das Alterum
2.) die Gegenwart
3.) sich selbst
(und daß die Dummheit unendlich ist!)
(Sonst wird es nichts!)

E.


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